Redakteur: Andreas Behr
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und ihre Partner konnten die drohenden Gasbohrungen vor Borkum in letzter Sekunde stoppen: Das
höchste Gericht der Niederlande gab heute dem Antrag der DUH und weiterer Partnerorganisationen statt und verhängte einen Baustopp bis zur mündlichen Verhandlung im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner dazu: „Dies ist ein großer Tag für Klima- und Meeresschutz: Erst am Dienstag hat One-Dyas im Morgengrauen eine riesige
Gasplattform direkt vor Borkum und dem Weltnaturerbe Wattenmeer schleppen lassen. Nachdem wir die Bohrungen schon im April erfolgreich stoppen konnten und Teile der Genehmigung für klar
rechtswidrig erklärt wurden, wollten One-Dyas und das niederländische Wirtschaftsministerium mit einer neuen Genehmigung das Urteil umgehen. Jetzt hat das höchste Gericht der Niederlande das
einzig Richtige getan und den juristischen Spielchen des fossilen Konzerns ein Ende gesetzt. Damit das Vorhaben endlich ganz vom Tisch ist, müssen die niedersächsischen Minister Lies und Meyer
ihre zuständigen Behörden jetzt anweisen, den Genehmigungsantrag von One-Dyas zurückzuweisen beziehungsweise die bereits erteilte Genehmigung für ein Seekabel zurückzunehmen. Unsere Natur und
schützenswerte Riffe dürfen nicht weiter fossilen Projekten zum Opfer fallen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Nordsee endlich frei von fossilen Projekten wird.“
Ein Konsortium um den Konzern One-Dyas plant, aus einem Feld in der Nordsee Erdgas zu fördern. Dazu soll eine Förderplattform in niederländischem Hoheitsgebiet rund 23 Kilometer nordwestlich der
Insel Borkum errichtet werden. Gefördert werden soll den Plänen zufolge sowohl im niederländischen als auch im deutschen Hoheitsgebiet, nahe dem niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer. Für die
Bohrungen sind Genehmigungen beider Länder erforderlich.
Das niederländische Wirtschaftsministerium hatte am 29. Mai den Weg für das umstrittene Vorhaben freigemacht, nachdem das Energieunternehmen One-Dyas bei Umweltauflagen für die Bauarbeiten entsprechend einem vorherigen Gerichtsbeschluss nachgearbeitet hatte.
Umweltschützende und InsulanerInnen hatten zuvor in einem ersten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Den Haag geklagt. Nach der neuen Entscheidung dürfte One-Dyas die Bauarbeiten nun fortsetzen. One-Dyas CEO Chris de Ruyter van Steveninck hatte nach der neuen Genehmigung in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, an dem Ziel festzuhalten und noch in diesem Jahr erstes Erdgas fördern zu wollen. Auf deutscher Seite läuft noch das Genehmigungsverfahren beim niedersächsischen Landesbergbauamt.
Überraschung gepaart mit großem Unverständnis
Die Entscheidung in der Vorwoche für die Freigabe zum Bau der Erdgasplattform wurde auf den Inseln und bei den Umweltverbänden überrascht aufgenommen, gefolgt von großem Unverständnis. „Von dieser Nachricht wurden wir auf deutscher Seite völlig überrascht. Dies ist eine sehr schlechte Nachricht für die Umwelt und für unseren Lebensraum. Es stellt sich jedoch bei der neuen Genehmigung auch die Frage der Rechtskraft des Urteils. Wir glauben nicht, dass in der Kürze der Zeit alle Punkte hinreichend geklärt wurden“, sagte Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann, der mit Juists Bürgermeister Tjark Goerges in einem offenen Brief an Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) forderte, das Vorhaben auf deutscher Seite zu stoppen. „Das geplante Gasprojekt ist mit den deutschen Meeres- und Klimaschutzzielen sowie dem Status als UNESCO-Weltnaturerbe nicht vereinbar“, heißt es in dem Schreiben der Rathauschefs, das auf der Stadtseite (www.stadt-borkum.de) komplett verfügbar ist. Und weiter: „Es sei ‚höchste Zeit‘, dass das niedersächsische Planfeststellungsverfahren beendet und die Gasbohrung nicht genehmigt werde. Trotz dieses Rückschlags werden wir nichts unversucht lassen, die Erdgasplattform zu verhindern“, sagt Jürgen Akkermann abschließend.
Umweltverbände und InsulanerInnen fürchten Schäden durch Erdgasförderung
Das Bündnis, zu dem neben der Umwelthilfe auch die Stadt Borkum, der BUND Niedersachsen, die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland sowie die niederländischen Umweltorganisationen Natuurmonumenten und WWF angehören, fürchten unter anderem mögliche Umweltschäden für die Natur, Meeressäugetiere, die Inseln und Riffe. Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) meint: „Aus Sicht der Umwelt, des Klimas, des Naturschutzes, des Schutzes der Inseln und des Wattenmeers sowie im Sinne des Erhalts des Weltnaturerbe-Status des Wattenmeeres ist die beantragte Gasförderung vor Borkum zurzeit nicht genehmigungsfähig. Im Koalitionsvertrag der Ampel im Bund ist klar vereinbart, keine neuen Genehmigungen zur Öl- und Gasförderung in der Nordsee mehr zu erteilen. Ich gehe davon aus, dass sich der Bund, der noch einen Vertrag zur Förderung mit den Niederlanden abschließen muss, daran hält, zumal die geplante Gas- und Ölförderung mit den verschärften Klimazielen in Bund und Land nicht vereinbar ist.“